Fühlen sich Kommunikationsberater für die (ethischen) Folgen ihrer Beratung verantwortlich?
Eine Studie von Lea Matusiak, Juliana Bromm und Lasse Häufglöckner
6. Semester, 2019
Betreuende Dozenten: Lars Rademacher und Stefan Dobler
Onlinekommunikation
PR & Ethik – zwei Begriffe die für viele wohl sehr gegensätzlich erscheinen. Denn die PR-Branche muss sich nicht selten dem Vorwurf stellen, sie sei manipulativ und verdrehe Tatsachen.
Fälle wie der Skandal zwischen Monsanto und Fleishman Hillard haben vor Augen geführt, dass ein hoher Diskussionsbedarf über Berufsnormen und moralisches Verhalten in der PR besteht. Die PR & Public Affairs-Abteilung von Monsanto hatte dabei Listen von unliebsamen Journalisten angelegt. Der Konzern sah die beauftragte Kommunikationsberatung Fleishman Hillard in der Verantwortung. Diese dagegen wies die Vorwürfe zurück. Es entstand eine öffentliche Diskussion darum, wer an diesem Fehlverhalten die Schuld trägt.
Wie dieser Fall exemplarisch zeigt, geht es in Diskussionen rund um Ethik in Medien & Kommunikation nicht selten auch um die Frage nach der Verantwortung für mögliche Verfehlungen.
Explizit in der Branche der Kommunikationsberatung steht dabei die Frage nach der Verantwortung unter einem besonderen Fokus. Der Umstand, dass Berater in ihrer Rolle nicht gleichzeitig auch Entscheider sind, sorgt nicht selten dafür, dass sich Berater kaum für die die medialen oder gesellschaftlichen Folgen ihrer Beratungsleistung verantwortlich fühlen.
Daher widmete sich dieses Forschungsprojekt der Frage, inwiefern sich PR-Berater ethisch für die Folgen ihrer Kommunikationsberatung verantwortlich fühlen.
Die Studie ergab, dass sich Berater grundsätzlich für Entscheidungen, die aufgrund ihrer Beratungsleistung getroffen wurden recht stark verantwortlich fühlen. Hier gaben alle Befragten an, sich entweder häufig (31%) oder sogar immer (69%) für Entscheidungen aufgrund ihrer Beratung verantwortlich zu fühlen.
Für mögliche mediale und gesellschaftliche Folgen von Entscheidungen, die eine Organisation auf Grundlage der Beratung getroffen haben, sehen etwa 33 Prozent die Verantwortung auf Seiten des Auftraggebers. 47 Prozent sehen die Verantwortung auf ihrer eigenen Seite. Knapp die Hälfte hat demnach ein ausgeprägteres Bewusstsein für Verantwortung im Berufsalltag. 20 Prozent sehen die Verantwortung zu etwa gleichen Teilen auf beiden Seiten. So ist sich die Berater-Landschaft bei der Frage nach der Verantwortung für die tatsächlichen gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Beratung uneinig.
Darüber hinaus ist der Begriff der Ethik für jeden sehr individuell. Jedes Individuum hat eine ganz eigene Vorstellung von Ethik. Somit ist es als Kommunikationsberater nicht immer ganz einfach den verschiedenen ethischen Anforderungen gerecht zu werden. Verschiedene Instanzen wie Kommunikationskodizes, Werte des Unternehmens sowie der Gesellschaft stellen dabei meist ganz unterschiedliche ethische Richtlinien auf. Diese können von den eigenen Vorstellungen des PR-Beraters teilweise stark abweichen. So wurde in einer zweiten, weiterführenden Forschungsfrage untersucht, inwiefern PR-Berater ethische Diskrepanzen zwischen ihrem eigenen Begriff von Ethik und den Vorstellungen auf Meso- und Makro-Ebene (Kommunikationskodex, Unternehmen und Gesellschaft) erleben. Dabei gaben nur 12 Prozent der Befragten an, „häufig“ Diskrepanzen zwischen eigenen ethischen Vorstellungen und ethischen Anforderungen anderer Akteure zu erleben. Keiner der Befragten gab an “immer” Diskrepanzen zu erleben. Die überwiegende Mehrheit hingegen (88%) haben „selten“ oder „nie“ Diskrepanzen erlebt. Insgesamt gibt es zwischen den verschiedenen Parteien also recht wenige ethische Konflikte.
Am wenigsten Konfliktpotential erleben Berater zwischen ihren eigenen ethischen Vorstellungen und der vorherrschenden Meinung in der Gesellschaft, also mit der Makro-Ebene. Nur 14 Prozent geben an, häufig Konflikte mit der vorherrschenden Meinung zu erleben. Die überwiegenden Mehrheit (86%) erlebt Konflikte mit der Makro-Ebene nie oder nur selten.
Dennoch hat mehr als die Hälfte aller Befragten (64%) schon einmal aus ethischen Gründen einen Auftrag abgelehnt. Hier lagen wohl große Unterschiede in ethischen Vorstellungen des Auftraggebers und denen der Berater vor (Meso-Ebene).
Weitere Ergebnisse sind auch grafisch im verlinkten pdf dargestellt.
Methodisch wurde aus praktischen Gründen eine quantitative Online-Befragung genutzt. Diese konnte einfach über einen Link an die Befragten weitergeleitet werden. Um die Forschungsfrage zu beantworten wurde ein Fragebogen mit passenden Fragestellungen als Online-Umfrage genutzt. Insgesamt 45 PR-Praktiker aus Unternehmen und Agenturen nahmen teil.
Die größte Herausforderung bei der Erforschung des Themengebiets war die Aufstellung sinnvoller und eindeutiger Forschungsfragen.
Damit zusammenhängend stellte sich der Entwurf konkreter Fragen für die Umfrage als herausfordernd raus. Es musste sichergestellt werden, dass mithilfe der Antworten der Probanden auf die Fragen am Ende auch die Forschungsfragen zu beantworten sind. Dies ist uns gelungen. Nicht zuletzt war die Nutzung von Auswertungsprogrammen und das Ermitteln statistischer Ergebnisse eine gute Vorbereitung auf künftige Forschungsarbeiten.