“Wir twittern mit den Dozenten” – Erfahrungen aus den ersten Monaten Onlinekommunikation, Teil II
Wie erleben Studierende den neuen Studiengang Onlinekommunikation? Drei von ihnen erzählen - vom Twittern aus der Lehre und Teamarbeit.
Ein Beitrag von Sonja Nowack und Franziska Bittel
Mittwoch, 17. Dezember 2014
Onlinekommunikation
Im Oktober startete der neue Studiengang Onlinekommunikation“ am Mediencampus in Dieburg. In unserem zweiten Teil des Interviews erzählen drei Studierende des ersten Semesters von ihrem Uni-Alltag, den schönsten Erfahrungen mit dem Studiengang Onlinekommunikation und beschreiben das Besondere an Onlinekommunikation. In Teil 1 hatten sie berichtet, warum sie sich für den Studiengang entschieden haben und welche Voraussetzungen man dafür haben sollte.
Wie sieht ein typischer Uni-Tag im Studiengang Onlinekommunikation aus?
Johanna*: (lacht) Mit viel Twitter und viel Facebook. Das erste, was ich morgens mache, ist twittern oder Twitter checken. Wir haben ja den eigenen Hashtag “onkomm”, unter diesem Hashtag posten eigentlich alle Studierenden und auch die Dozenten. Da informiert man sich schon mal ein bisschen, wie die Leute drauf sind, und was ansteht. Donnerstags haben wir immer eine Vortragsreihe, und da ist es immer besonders spannend, den Onkomm-Hashtag zu beobachten. Und dann geht es, je nach Tag, eigentlich immer um Kommunikation. Immer in verschiedenen Sparten, wie Unternehmenskommunikation oder Onlinekommunikation. Zusätzlich haben wir noch das Web Literacy Lab, in dem wir geschult werden, wie wir die Tools des Internets richtig nutzen können.
Leon: Für mich ist Montag der typische Onkomm-Tag, weil wir da zwei Vorlesungen und die sozial- und kulturwissenschaftlichen Fächer haben, alles bunt gemischt. Montags ist auch der vollste Tag. Aber ich freue mich, wenn die Uni wieder anfängt, ich finde das Wochenende zur Zeit langweilig, denn der typische Tag bei uns ist, man tut etwas. Man hört nicht nur zu, sondern erarbeitet sich konstant in jeder Vorlesung selbst etwas. Hier wird man jeden Tag gefordert. Das ist typisch. Das klingt jetzt kitschig, aber man fühlt sich dadurch richtig lebendig.
Saskia: Das kann man gar nicht so genau sagen, weil wir die Aufteilung zwischen den Vorlesungen und den Seminaren haben und sich das teilweise sehr stark voneinander abgrenzt. Donnerstags machen wir normalerweise immer entweder ein Barcamp oder haben Gruppenarbeitsphase. An einem anderen Tag haben wir dann Vorlesungen und wieder an einem anderen Tag dann eher Seminare und praxisorientierte Sachen. So einen Standard-Tag gibt es eigentlich gar nicht. Jeden Tag machen wir in irgendeiner Weise etwas anderes.
Was war deine schönste Erfahrung bisher?
Leon: Bei einer Übung, einer gespielten ADAC-Pressekonferenz, habe ich gemerkt, dass ich mich nicht nur auf mich verlassen kann, sondern auch auf meine Kommilitonen. Unsere Mitstudenten haben uns mit Fragen gelöchert, eine davon war sehr schwierig und ich dachte “Oh Gott, das weiß keiner, da muss ich jetzt einspringen”, obwohl die Frage nicht an mich gestellt war. Ich spielte den Präsidenten, aber meine Kommilitonin, die die Geschäftsführerin spielte, hat die perfekte Antwort gegeben. Sie hatte sich die originale Pressekonferenz vom ADAC auf Youtube angesehen. Das hat mich sehr beeindruckt, weil ich gesehen habe, dass sich die Leute selbst Gedanken gemacht haben. Meine Kommilitonen sind ultra nett und alle helfen sich. Ich weiß, man muss da immer vorsichtig sein, weil es noch das erste Semester ist, aber ich habe jetzt schon zwei Mal Erstsemester gehabt und da war es nicht so, dass sich alle gegenseitig geholfen haben.
Welches Fach macht dir am meisten Spaß?
Johanna*: Das Web Literacy Lab, denn da machen wir alle zwei Wochen ein Barcamp, eine Art Unkonferenz, in dem die Besucher den Content dieser Konferenz bestimmen und ihr Wissen teilen. In diesem Fach gibt es keinen Frontalunterricht, sondern die Studierenden werden zu den Lehrenden und erarbeiten unter einem bestimmten Leitmotto, zum Beispiel „Ethik im Netz“ eine Session. Es laufen immer drei Sessions gleichzeitig und der Besucher kann sich entscheiden, wo er hingehen möchte. Es ist immer total spannend, und ich habe donnerstags auch immer total viel Spaß, weil es immer ein ganz anderes Lernen ist, wenn die Kommilitonen etwas vermitteln. Die Dozenten sind zwar auch immer dabei und mischen sich ein, aber am Inhalt der Präsentation hatten die eigentlich noch nie etwas auszusetzen. Ein anderes Fach, das mir Spaß macht, ist Business Planning und Marketing, das hätte ich nicht erwartet. Wirtschaftsmathe klingt ja immer so trocken, aber der Dozent ist immer extrem aufgeweckt. Der kommt mit seiner Lederjacke und Lederhose und ist total gut drauf. Er hat immer total viele Beispiele aus der Realität, und da das Fach montags im ersten Block ist, hebt das meine Laune immer extrem.
Wie ist das Verhältnis zu den Dozenten?
Johanna*: Mit den Dozenten verstehen wir uns ziemlich gut. Wir haben nicht viele Dozenten, die auch teilweise mehrere Fächer unterrichten. Aber die sind auch alle voll in der Medienwelt und wir twittern mit ihnen. Wir haben auch eine Facebook-Gruppe, in der auch die Dozenten und die Studenten sind, was ich so auch noch nicht kenne. Wir haben uns alle auf Xing und das klappt echt gut.
Leon: Generell würde ich sagen, haben wir ein sehr gutes Verhältnis zu den Dozenten. Die Professoren lassen mit sich reden, das ist auch ein Unterschied zu anderen Studiengängen. Man kann, gerade weil wir nicht so viele Leute sind, zu den Professoren gehen, wenn man ein Problem hat und sie beschäftigen sich damit. Wenn zum Beispiel die Aufgabenstellung unklar gestellt ist oder wenn das Ziel der Aufgabenstellung nicht mehr dem entspricht, was wir eigentlich machen, dann ändern die das für uns. Und das finde ich große Klasse.
Saskia: Das Verhältnis zu den Dozenten ist relativ gut, ich hätte es mir unpersönlicher vorgestellt. Ich denke, wenn man ein Anliegen hat, kann man mit den Dozenten auch reden. Wir hatten neulich ein Plenum, bei dem alle Onkomm-Studenten zusammen saßen und mit den Dozenten besprochen haben, wie es läuft, wie es uns geht, was schief läuft und was man verbessern kann. Das finde ich gut, dass wir gefragt werden, im Endeffekt sind wir die ersten Ansprechpartner, wenn es um Missstände geht.
Was ist das Besondere an Onlinekommunikation?
Leon: Für mich sind die Professoren und die Mitstudenten das Besondere an Onlinekommunikation. Die Leute, die das studieren, sind ein besonderer Schlag Mensch. Ich weiß nicht warum, aber es ist so und die sind einfach klasse. Die Professoren sind sehr direkt und auch einfach nette Menschen und in Kombination damit, dass die Fächer noch sehr interessant sind, ist das genial. Wir haben Fächer wie Unternehmenskommunikation, Onlinekommunikation und sogar Multimedia, wo wir lernen, wie viel Bit ein Musikstück hat. Das ist vielleicht etwas, das wir im Berufsleben nicht unbedingt brauchen, aber wenn wir mit dem Technikmenschen sprechen, dann verstehen wir ihn. Diese ganze Vielfalt an Fächern macht Onkomm für mich so geil verglichen mit BWL, wo es fast nur ums Rechnen ging und man nie ein Ziel vor Augen gehabt hat. Hier ist das anders, innerhalb der ersten Woche wusste ich, hier kann man Pressesprecher werden oder man geht in ein Marketingbüro.
Saskia: Wir machen ganz viele Gruppenarbeiten. Wir bringen uns gegenseitig was bei, von Studenten zu Studenten. Was sehr schön ist, weil wir uns dann teilweise auch die Themen selbst raus suchen dürfen und dazu unsere Recherchen machen. Das zählt dann zu unserer Semesteraufgabe. Dieses sehr freie Arbeiten genieße ich sehr. Auch wenn die Gruppen an sich ein bisschen schwierig zu handeln sind, weil es für jedes Seminar eine andere Gruppe gibt und man sich mit diversen Leuten gleichzeitig absprechen muss, wann man sich wo trifft. Ich bin zum Beispiel in fünf verschiedenen Gruppen. Das dürfte später aber auch wieder weniger werden
Wie gefällt es dir allgemein am Mediencampus Dieburg?
Leon: Ich finde den Campus sehr gut. Es ist schade, dass er nicht in Darmstadt ist, das sagen viele. Aber es ist toll, dass man hier nur mit Leuten zusammen ist, die auch in die gleiche Richtung gehen. Wenn man die Gespräche der Leute hört, die hier so rumlaufen, dann denke ich: Ach, das ist aber ganz interessant. Das macht den Campus so attraktiv. Auch das Vertrauen, was die Uni uns entgegenbringt, dass wir hier in die Räume rein können, ist gut. Wir haben auch Computer und einen Drucker in unserem Arbeitsraum, die Ausrüstung ist generell große Klasse. Hier ist es nicht super überfüllt, der Zeitraum ist total lässig und die Preise sind auch in Ordnung.
Saskia: Ich finde es gut, dass es ein eigener Mediencampus ist. Es ist zwar ein bisschen abgeschottet in Dieburg, aber ich finde das irgendwie schön. Mir hat die Vorstellung gefallen, dass es nicht nur ein Campus ist, sondern im Prinzip eine eigene Hochschule. Wir haben mit der h_da in Darmstadt nicht so viel zu tun. Bisher musste ich nicht nach Darmstadt. Das finde ich vorteilhaft. Auch die Einrichtung wie z.B. das Fernsehstudio und das Kino finde ich richtig schön.
Noch etwas, das du erwähnen möchtest?
Johanna*: Ja, guckt unter dem Hashtag Onkomm (lacht). Das macht sehr viel Spaß. Ich habe ja auch andere Follower, nicht nur durch den Studiengang, und von denen habe ich auch schon die Rückmeldung bekommen, dass es ihnen extrem viel Spaß macht da mitzulesen. Wir sollen ja auch alle bloggen darüber und ich habe auch ein Blog eingerichtet, auf dem ich hauptsächlich über die Barcamps blogge. Dort habe ich schon von anderen Leuten gehört, die gar nicht hier studieren, sogar von Leuten aus der Schweiz, die es so schade finden, dass es bei denen sowas nicht gibt und die es total spannend finden, mitzulesen. Deswegen empfehle ich den Hashtag auf Twitter immer weiter.
Leon: Wir bauen eine Art Wikipedia auf für die Onkomm-Studenten, die nach uns kommen. Das heißt, wir erweitern das Wiki und die neuen Erstsemester werden neue Einträge schreiben. In dieses Wiki kommt alles rein, was mit Kommunikation, mit Onlinekommunikation und sozialen Medien zu tun hat. Zum Beispiel ganz simple Sachen, wie die Definition einer Homepage, aber schon mehr ausformuliert, als es auf dem richtigen Wikipedia ist. Das alles auf einer Plattform, ist super praktisch für uns und auch wichtig für die kommenden Generationen an Onkomm-Studenten. Das finde ich halt richtig geil.
In Teil I des Interviews beantworten die Studierenden Fragen zu ihren Erwartungen und den Voraussetzungen für den Studiengang Onlinekommunikation: “Internetsucht ist nicht schlecht” – Wer studiert eigentlich Onlinekommunikation und warum?
*Name auf Anfrage pseudonymisiert, Bild entfernt (Steven Wolf, 05.05.2020)